12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag - Das große Löschen
Da am 01. Juni 2009 der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag anlief, beginnt der WDR nun bei den auf ein Jahr befristeten Beiträgen mit dem Löschen.
Mal sehen was sich demnächst dann alles nicht mehr im Archiv findet. Ich gucke ja leidenschaftlich gerne Quarks & Co, die Frage wird sein ob solche Sendungen dem Anspruch "zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten" genügt und somit dauerhaft in einem abgesondertem Archiv verbleiben darf. Ansonsten sind solche Sendungen nur bis 5 Jahre danach abrufbar.
Die Ironie dabei ist doch, daß die Sendungen produziert sind, dem Sender bereits internetgerecht digital vorliegen und und sie "lediglich" noch online dargeboten werden müssen. Man andererseits aber bei der GEZ von "neuartigen Rundfunkgeräten" spricht und für diese auch zur Kasse bittet.
Nun sitzt man also zu Hause vor seinem neuartigem Rundfunkgerät, hat dafür die GEZ-Gebühr entrichtet und kann das Gerät nicht auf seine typische Weise nutzen. Eine mehrere Jahre zurückliegende Sendung abzurufen entspricht durchaus einer üblichen Nutzungsweise von Computern - nämlich z.B. zu Recherche- oder Informationszwecken.
Lautet die notwendige Bedingung nun auf "zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten", wird sich zeigen welche Sendung ins unbefristete Archiv darf. Quarks & Co würde ich dort nicht einordnen, es aber durch seine Bildungsrelevanz definitiv als nachschlagenswert erachten!
Noch ein Passus gibt mir zu denken; §2 Abs 3.2:
„(3) Kein Rundfunk sind Angebote, die [...] 2. zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt sind,
Das bedeutet dann wohl Abschied an die Podcasts die der WDR anbietet.
Ich hoffe, ich sehe da lediglich schwarz, daß es nicht so kommen wird. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß man es den besch...eidenen Privatsendern leichter machen will.
Das Traurige ist doch, daß man für PCs mit Internet-Anschluß seit 2005 GEZ-Gebühren bezahlt. Also wird hier ganz klar gesagt, "_wer Internet empfängt kann auch Öffentlich Rechtliche konsumieren_" Punkt! Demgegenüberzustellen ist doch die nun eingreifende Beschneidung des kargen Online-Angebotes.
Karg, weil seit 2005 ist es immer noch nicht möglich die Öffentlich Rechtlichen TV-Sender per Live-Stream zu gucken. Im Archiv findet sich nicht lückenlos jede Sendung (auch wenn sie am Vortag lief). Also wird nun ein bereits bezahltes, unzureichendes Angebot noch weiter beschnitten. Und da soll man sich nicht verschaukelt vorkommen?
Diese Argumentation zerreißt es doch in der Mitte: In der Möchtegern-Theorie kann man mit Öffentlich Rechtlichen Geldern im Internet alles angucken. In der Praxis weist dieses Angebot riesige Lücken auf und wird noch weiter beschnitten.
Ich bin z.B. ein riesiger Fan vom WDR5. Ich liebe, ernsthaft (!), seit Jahren die Bärenbude. Ich mag die Diskussionsrunden am Morgen mit Zuschauerbeteiligung, ich höre gerne die Musik zwischendurch, ich finde die Krimis spannend und die Nachrichten informativ, kleine Einlagen wie Gedichte oder politische Wochenrückblicke lockern das Ganze auf sind lustig und doch zynisch treffend mit spitzer Zunge. Die WDR Big Band - ein Genuss! Auf diesem Sender gibt es richtige, mit reellen Instrumenten gespielte, Musik!
Sämtliche WDR-Radiosender von 1Live bis WDR5 kann man bequem per WDR-Radiorecorder live empfangen und im Vorraus programmieren und aufzeichen lassen. Das ist sowas von komfortabel!
Von den Privatsendern habe ich mich seit Jahren abgewandt, das Verhältnis von Werbung ist antiproportional zum Niveau der Beiträge - und ich kann eins sagen: "Die Entwicklung geht nur in eine Richtung!". Einen Fernseher besitze ich konsequenterweise seit fast 10 Jahren nicht mehr - ich vermisse ihn auch nicht!
Somit bin ich mit Sicherheit auch ein "moderner Nutzer". Ich konsumiere WDR egal ob Radio oder TV übers Internet. Aber wenn das nicht ein Trend der Zukunft ist, dann weiß ich es auch nicht mehr. Die Grenzen zwischen Fernsehen und Internet - die sind sowieso schon nur noch schwammig erkennbar.
Und das Ganze ist im Moment mit Sicherheit ein Schritt weg von der Zukunft, wie sie angenehm ist. In den USA sieht es z.B. anders aus. hochwertige Auftragsproduktionen der Privatsender können online geguckt werden - als Deutscher bleibt man im Geofilter hängen.
"Wie das Abfackeln einer Bibliothek", so lautet der passende Titel einer Nutzerdebatte, wo der WDR Antworten zu manchen Fragen gibt. Unter anderem, daß durch die Löschung keine Kosten eingespart werden, lediglich welche entstehen.
Mein Fazit ist, daß es mich einfach nur sauer macht und ich die ganze Zeit Stichworte wie "Volksverdummung" oder "Bücherverbrennung" im Kopf habe. :mad: