'Kunjunkturpaket: Abwracken für die Umwelt?'

Die Abwrackprämie

Warum muß ich eigentlich in einem Land leben, in dem mir die Regierenden ernsthaft eine solche Maßnahme als etwas Tolles verkaufen wollen? Ist es nötig daß mit einer derart Umwelt- und Sozialökonomiewidrigen Maßnahme geworben wird, als wäre sie ein tolles Allzweck-, Allheilpflaster?

Wer hat sich diesen Namen ausgedacht?

Erstmal ist die Namensgebung eine Sauerei an sich. Umweltprämie muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Es ist also belohnenswert gut für die Umwelt, ein durchaus noch mehrere Jahre weiterhin funktionstüchtiges Auto verschrotten zu lassen um sich ein neues (zugegebenermaßen meistens spritsparenderes) Auto zuzulegen? Ähnliche Argumentationen habe ich schon in der Bewerbung von A++-Kühlschränken und Computern mit Energiespartechniken gehört. Man darf nicht vergessen, daß ein fetter Batzen der CO2-Rechnung erstmal durch die Produktion entsteht. Da muß der günstigere Verbrauch des Neuen das erstmal aufwiegen. Ergo schiebt sich die CO2-Amortisierung des Neuwagen noch weiter nach hinten raus. Also da muß ich dem Volksmund durchaus recht geben; Abwrackprämie trifft es hier eher.

Warum Zwangsverschrottung?

Zweiter Kritikpunkt ist daß die Autos verschrottet werden sollen. Warum eigentlich? Die Prämie ist an einen Neukauf gebunden und das Altauto muß 1 Jahr im eigenen Besitz gewesen sein und vor mindestens 9 Jahren eine Erstzulassung erhalten haben. Immer bedenken, die alten Autos hatten durch ihre Herstellung bereits viel CO2 in der Bilanz verursacht, nun wird deren Lebensdauer künstlich verkürzt und die vergleichsweise CO2-arme Betriebszeit im Lebenszyklus der Autos fällt weg.

Aber bleiben wir beim zweiten Kritikpunkt, der ist noch lange nicht fertig! Der Gebrauchtwagenmarkt für günstige, ältere Autos wird künstlich kleiner gehalten.

Nachfrage in anderen Ländern

Fangen wir mit dem Export an. 9 Jahre alte Autos werden gerne verschifft oder mit dem Zug/LKW in ärmere Länder gebracht und stellen dort beliebte Autos dar, die immerhin mit halbwegs zeitgemäßen Sicherheits- und Umwelttechniken aufwarten können. 9 Jahre sind mit Sicherheit in Afrika oder Konsorten gar nichts für ein Auto. Bei gleichbleibender Nachfrage in diesen Ländern und gleichzeitiger Verknappung des Angebotes wird der Preis in den Ländern in Zukunft eigentlich nur in eine Richtung können. Zumal deren Bewohner eh nicht so viel Geld zur Verfügung haben. Wer sarkastisch veranlagt ist, denkt daß hier durchaus ein Umweltpositiver Aspekt geschaffen wurde.

Bedarf der Deutschen

Was ist mit unseren Einheimischen? Studenten die sich für knappe 1.000 € einen alten Fiesta kaufen wollen? Hartz-IV Empfänger die ein sich nur ein günstiges Auto leisten können aber gleichzeitig durch den Mobilitätszwang der Arbeitsagenturen (50 km Entfernung sind durchaus akzeptabel) auf ein Auto angewiesen sind? Bahn und Bus ist übrigens auch nicht immer eine Lösung, zumal das Streckennetz in Zukunft auch nicht unbedingt durchgehender befahren wird. Auch sie werden den höheren Preise für günstige Gebrauchtwagen zu spüren bekommen.

Wer hat Nutzen von der Abwrackprämie?

Kommen wir nun dazu wer denn die Abwrackprämie überhaupt nutzt. Die Oberschicht wird wohl kaum dafür in Frage kommen, da deren Autos meist keine 9 Jahre alt werden. Sollten sie es doch, wird ihr Restwert wahrscheinlich 2.500 € noch bei weitem übersteigen. Interessant wird die Abwrackprämie doch wohl für die Unterschicht. Aber ob die wohl für einen Neuwagen nochmal zwischen 5 und 10-tausend € herumliegen haben? Also nimmt man sich einen Kredit auf. Was genau hatte nochmal die globale Finanzkrise in den USA gestartet? War es nicht eine Lebensweise auf Pump? Oh man...

Was ist nach der Abwrackprämie? Die schlechter Verdienenden werden ihren Neuwagen ja wohl die nächsten Jahre fahren und eher weniger für den Gebrauchtwagenmarkt preisgeben. D.h. wer auf der Suche nach einem gebrauchten, günstigen Auto ist wird sich die nächsten Jahre wohl über jeden Fund freuen, da das Angebot dadurch noch weiter verknappt sein wird.

Tja und die, die sich diesen Neuwagen eben nun mit einem Kredit gekauft haben? Ein Ford Ka für knappe 11.000 €, einer Anzahlung von 2.500 € (der Prämie) und einer Laufzeit von 4 Jahren möchte 200 Euro im Monat zum essen haben. 200 Euro im Monat die fehlen. Das heißt es wird sich z.B. ärgern: Die Gastronomie, Freizeitveranstalter (z.B. Phantasialand), Handwerker (Reparaturen selber versuchen).

Die Autoindustrie anderer Staaten

Gut, nun könnte man sagen es gibt auch günstigere Autos als einen Ka. Sind das denn aber auch deutsche Automobilfirmen? Und sollte die Prämie nicht die deutsche Wirtschaft ankurbeln und nicht die japanische/französische/italienische/whatever? Warum zur Hölle gibt es die Prämie auch für einen Nissan oder einen Renault usw.?

Der Markt für Ersatzteile wird auch bestimmt nicht besser. Zuvor auf dem Schrottplatz ausgeschlachtete Autos sind nun viereckig und nicht mehr als Ersatzteilquelle zu gebrauchen. Auch dieser Markt wird also künstlich verknappt.

Und was ist nach der Prämie? Was machen wir dann für die Autohersteller? Wird dann die Fahrzeugflotte der Bundesrepublik erweitert? Denn eines ist klar; nach der Prämie wird ein großes Auftragsloch kommen.

Fazit

Das ganze Konzept geht in meinen Augen nicht über puren Aktionismus hinaus, zu sehr überwiegen die Nach- die Vorteile. Das ist so nach dem Motto: "Hauptsache man hat gezeigt, daß man etwas macht". Der Bürger mit dem neuen Auto wird sich erstmal freuen und der lieben Frau Merkel dankbar sein. Der Rest darf es dann ausbaden. Aber so ist das wohl wenn man Wahlen anstehen hat, einem nichts Sinnvolles einfällt und man Publikumswirksam inszenieren möchte. Daß man mit der ganzen Masche noch so mal eben nebenbei den angeschlagen Banken mit vielen neuen Krediten aus der Mangel hilft findet gar keine Erwähnung. Die bekommen einen Imagegewinn und haben gleichzeitig für ihre Kredite etwas handfestes bekommen, den Gegenwert eines Neuwagens.

Persönlich habe ich mit übrigens weder mit den zuviel spekulierenden Banken noch mit der Autoindustrie Mitleid: Wer mir 6 l Benzin/100 km  (z.B. VWs kleinster, der Fox mit 40kW-Maschine auf Landstrasse+Stadt) in der heutigen Zeit als kleinste Motorisierung verkaufen will, ist definitiv in der Zeit stehengeblieben und hat geringes Umweltverständnis. Ich frage mich immer wieder was wäre, wenn die Politik ein 130 km/h Tempolimit in Deutschland durchsetzen würde. Wo bliebe da die Argumentation für 100 PS und mehr? Würden dann vielleicht endlich mal 3 Liter Autos angeboten? Aber wahrscheinlich selbst dann würde es heißen, "der Kunde möchte das so".

Weiterführende Links dazu

Der Spiegelfechter hatte die Abwrackprämie auch in einem sehr schön zu lesendem Beitrag kommentiert.

Mein Lieblingssender WDR5 brachte zum Thema Konjunkturpaket am Anfang des Jahres einen sehr hörenswerten Beitrag im Morgenecho (Schrägstrich).

Paapaaa[...] erzähl doch bitte noch einmal von früher [...] als es so viele Geschenke gab [...] als die Banken kaputt gingen [...]